Wenn es dann doch passiert...
Kommt es zu Fehlverhalten von Fachkräften, muss natürlich gehandelt und interveniert werden. Im Prozess der Intervention geht es auch um angemessene Konsequenzen und Maßnahmen. Dabei ist es nicht immer eindeutig und leicht, die richtigen Maßnahmen zu entwickeln. Häufig machen es sich Vorgesetzte einfach und führen die Mängel in der Haltung oder nicht ausreichendes Fachwisen an. Es ist jedoch wichtig auf alle Bereiche zu schauen, denn auch die Fachkraft befindet sich mit ihrem Verhalten in einem System und agiert nicht unabhängig von der Einrichtung, den Kindern und den Kolleg:innen.
Um sich einen Überblick über das System und mögliche Problemstellungen zu verschaffen, kann das Quadrantenmodel aus der integralen Theorie unterstützend eingesetzt werden.
Die vier Quadranten sind unterschiedliche Perspektiven zur Betrachtung einer Problemstellung. Die Komplexität eines Themas kann so einfacher und klarer dargestellt werden. Veränderungsanforderungen werden deutlich und sind nachhaltig plan- und umsetzbar. Wichtig ist, alle Quadranten einzeln und auch in ihrem Zusammenspiel zu betrachten. Sollen Veränderungen gelingen, darf keine Perspektive außer Acht gelassen werden.
Die vier Quadranten betrachten ein Innen und ein Außen, eine individuelle und eine systemische Ebene. Jeder Mensch hat ein subjektives, erlebbares Innen, geprägt durch seine Gedanken, Gefühle, Werte und Wahrnehmungen. Im Außen, objektiv Sichtbaren sind seine Verhaltensweisen, sein Wissen, seine Kompetenzen und sein Körper zu finden. Gleichzeitig befinden wir uns in Interaktion mit anderen Menschen, in Systemen, die ebenso durch ein Innen und ein Außen geprägt sind. Im Innen eines Systems erkennen wir die Kultur, die beispielsweise in einem Team herrscht, das Wir-Gefühl, die Werte der Organisation und die Beziehungsqualitäten. Im Außen sehen wir Strukturen, Produkte, Prozesse und Infrastruktur. Diese vier Perspektiven werden durch die vier Quadranten repräsentiert, die miteinander in Wechselwirkung stehen.
Ich möchte das an einem Fallbeispiel näher erklären:
Ein Erzieher arbeitet gemeinsam mit einer weiteren pädagogischen Fachkraft in einer Gruppe mit 16 Kindern. Der Erzieher ist schon in seinem 25. Berufsjahr. Daher besucht er auch keine Fortbildungen mehr.
In der Gruppe werden von den 16 Kindern von zwei bis sechs Jahren vier Kinder mit einem erhöhten Förderbedarf betreut. Ein weiteres Kind (A) hat einen wesentlich erhöhten Förderbedarf. Dieses Kind ist für die Fachkräfte besonders herausfordernd in seinem Verhalten. Es zeigt eine hohe Fremdgefährdung.
In der Einrichtung gibt es keine:n Facherzieher:in für Integration mehr, seit die vorherige Facherzieherin vor drei Jahren die Einrichtung gewechselt hat. Die Kitaleitung ist schon sehr lange in der Einrichtung. Seit einem halben Jahr ist sie allerdings allein im Leitungsteam, da die Stellvertretung erkrankt ist.
Beide pädagogische Fachkräfte haben schon häufiger im Kolleg:innenkreis geäußert, dass sie das Verhalten des Kindes A schwierig finden. Der Leitung gegenüber sind sie bisher zurückhaltend gewesen, weil sie sich nicht sicher über die Reaktion der Leitung sind. In der Vergangenheit gab es immer mal Situationen, in denen sich Kolleg:innen ungerecht behandelt fühlten. In der Regel macht die Leitung Ansagen und alle haben zu tun, was sie sagt.
Im Team möchte niemand in der Gruppe vertreten, wenn eine der beiden Fachkräfte fehlt. Jeder kümmert sich um seine eigene Gruppe. Es gibt wenig Kooperation.
Weil das Haus ohnehin schlecht besetzt ist, fallen Teamsitzungen häufiger aus.
An einem Freitag sind die beiden pädagogischen Fachkräfte mit 10 Kindern im Garten. Das Kind A war am Morgen mit schlechter Laune in die Kita gekommen. Schon im Gruppenraum hat es andauernd andere Kinder beim Spielen gestört. Nun im Garten läuft das Kind herum, haut Kindern auf den Kopf, tritt oder schubst sie. Insbesondere das Hauen auf den Kopf bringt den Erzieher innerlich zur Weißglut. Sein Vater hatte ihm selbst, als er ein Kind war, immer auf den Kopf gehauen, wenn er nicht zufrieden war.
Das Kind A reagiert auf keinerlei Ansprache seitens der Fachkräfte. Als der Erzieher die Kinder ruft, um zum Mittagessen zu gehen, eskaliert die Situation. Das Kind A haut reihum alle Kinder beim Anstellen auf den Kopf. Der Erzieher sieht rot. Er schnauzt das Kind an, sich an die Seite zu stellen. Dann sagt er zu den anderen Kindern, sie sollten ihm jetzt auch mal auf den Kopf hauen, damit es sehe, wie das sei. Einige Kinder sagen, dass man doch aber nicht hauen soll. Der Erzieher fordert sie dennoch dazu auf, was die Kinder dann auch tun.
Am darauf folgenden Montag bekommt die Kitaleitung einen Anruf von einer Mutter aus der Gruppe. Sie berichtet, dass es ihrer Tochter am Wochenende sehr schlecht ging, weil sie Gewissensbisse hatte, das Kind A am Freitag geschlagen zu haben. Die Kitaleitung befragt die Fachkräfte. Nach einigem Zögern gibt der Erzieher den Vorfall zu.
Schauen wir in das Quadrantenmodell, ist schnell zu erkennen, dass es sich hier um Wechselwirkungen auf unterschiedlichen Ebenen handelt. Die Konsequenz, die sofort auf der Hand zu liegen scheint, den Erzieher vom Dienst freizustellen, ggf. zu versetzen oder sogar zu kündigen, greift zu kurz.
Kommt es zu Fehlverhalten von Fachkräften, muss natürlich gehandelt und interveniert werden. Im Prozess der Intervention geht es auch um angemessene Konsequenzen und Maßnahmen. Dabei ist es nicht immer eindeutig und leicht, die richtigen Maßnahmen zu entwickeln. Häufig machen es sich Vorgesetzte einfach und führen die Mängel in der Haltung oder nicht ausreichendes Fachwisen an. Es ist jedoch wichtig auf alle Bereiche zu schauen, denn auch die Fachkraft befindet sich mit ihrem Verhalten in einem System und agiert nicht unabhängig von der Einrichtung, den Kindern und den Kolleg:innen.
Um sich einen Überblick über das System und mögliche Problemstellungen zu verschaffen, kann das Quadrantenmodel aus der integralen Theorie unterstützend eingesetzt werden.
Die vier Quadranten sind unterschiedliche Perspektiven zur Betrachtung einer Problemstellung. Die Komplexität eines Themas kann so einfacher und klarer dargestellt werden. Veränderungsanforderungen werden deutlich und sind nachhaltig plan- und umsetzbar. Wichtig ist, alle Quadranten einzeln und auch in ihrem Zusammenspiel zu betrachten. Sollen Veränderungen gelingen, darf keine Perspektive außer Acht gelassen werden.
Die vier Quadranten betrachten ein Innen und ein Außen, eine individuelle und eine systemische Ebene. Jeder Mensch hat ein subjektives, erlebbares Innen, geprägt durch seine Gedanken, Gefühle, Werte und Wahrnehmungen. Im Außen, objektiv Sichtbaren sind seine Verhaltensweisen, sein Wissen, seine Kompetenzen und sein Körper zu finden. Gleichzeitig befinden wir uns in Interaktion mit anderen Menschen, in Systemen, die ebenso durch ein Innen und ein Außen geprägt sind. Im Innen eines Systems erkennen wir die Kultur, die beispielsweise in einem Team herrscht, das Wir-Gefühl, die Werte der Organisation und die Beziehungsqualitäten. Im Außen sehen wir Strukturen, Produkte, Prozesse und Infrastruktur. Diese vier Perspektiven werden durch die vier Quadranten repräsentiert, die miteinander in Wechselwirkung stehen.
Ich möchte das an einem Fallbeispiel näher erklären:
Ein Erzieher arbeitet gemeinsam mit einer weiteren pädagogischen Fachkraft in einer Gruppe mit 16 Kindern. Der Erzieher ist schon in seinem 25. Berufsjahr. Daher besucht er auch keine Fortbildungen mehr.
In der Gruppe werden von den 16 Kindern von zwei bis sechs Jahren vier Kinder mit einem erhöhten Förderbedarf betreut. Ein weiteres Kind (A) hat einen wesentlich erhöhten Förderbedarf. Dieses Kind ist für die Fachkräfte besonders herausfordernd in seinem Verhalten. Es zeigt eine hohe Fremdgefährdung.
In der Einrichtung gibt es keine:n Facherzieher:in für Integration mehr, seit die vorherige Facherzieherin vor drei Jahren die Einrichtung gewechselt hat. Die Kitaleitung ist schon sehr lange in der Einrichtung. Seit einem halben Jahr ist sie allerdings allein im Leitungsteam, da die Stellvertretung erkrankt ist.
Beide pädagogische Fachkräfte haben schon häufiger im Kolleg:innenkreis geäußert, dass sie das Verhalten des Kindes A schwierig finden. Der Leitung gegenüber sind sie bisher zurückhaltend gewesen, weil sie sich nicht sicher über die Reaktion der Leitung sind. In der Vergangenheit gab es immer mal Situationen, in denen sich Kolleg:innen ungerecht behandelt fühlten. In der Regel macht die Leitung Ansagen und alle haben zu tun, was sie sagt.
Im Team möchte niemand in der Gruppe vertreten, wenn eine der beiden Fachkräfte fehlt. Jeder kümmert sich um seine eigene Gruppe. Es gibt wenig Kooperation.
Weil das Haus ohnehin schlecht besetzt ist, fallen Teamsitzungen häufiger aus.
An einem Freitag sind die beiden pädagogischen Fachkräfte mit 10 Kindern im Garten. Das Kind A war am Morgen mit schlechter Laune in die Kita gekommen. Schon im Gruppenraum hat es andauernd andere Kinder beim Spielen gestört. Nun im Garten läuft das Kind herum, haut Kindern auf den Kopf, tritt oder schubst sie. Insbesondere das Hauen auf den Kopf bringt den Erzieher innerlich zur Weißglut. Sein Vater hatte ihm selbst, als er ein Kind war, immer auf den Kopf gehauen, wenn er nicht zufrieden war.
Das Kind A reagiert auf keinerlei Ansprache seitens der Fachkräfte. Als der Erzieher die Kinder ruft, um zum Mittagessen zu gehen, eskaliert die Situation. Das Kind A haut reihum alle Kinder beim Anstellen auf den Kopf. Der Erzieher sieht rot. Er schnauzt das Kind an, sich an die Seite zu stellen. Dann sagt er zu den anderen Kindern, sie sollten ihm jetzt auch mal auf den Kopf hauen, damit es sehe, wie das sei. Einige Kinder sagen, dass man doch aber nicht hauen soll. Der Erzieher fordert sie dennoch dazu auf, was die Kinder dann auch tun.
Am darauf folgenden Montag bekommt die Kitaleitung einen Anruf von einer Mutter aus der Gruppe. Sie berichtet, dass es ihrer Tochter am Wochenende sehr schlecht ging, weil sie Gewissensbisse hatte, das Kind A am Freitag geschlagen zu haben. Die Kitaleitung befragt die Fachkräfte. Nach einigem Zögern gibt der Erzieher den Vorfall zu.
Schauen wir in das Quadrantenmodell, ist schnell zu erkennen, dass es sich hier um Wechselwirkungen auf unterschiedlichen Ebenen handelt. Die Konsequenz, die sofort auf der Hand zu liegen scheint, den Erzieher vom Dienst freizustellen, ggf. zu versetzen oder sogar zu kündigen, greift zu kurz.
Links oben (ich, innen): Hier ist alles zu finden, was im Inneren einer Person vorgeht. Das ist nach außen nur über das Verhalten sichtbar. Der Erzieher hat in seiner eigenen Kindheit Gewalterfahrungen gemacht, die er nicht ausreichend bearbeitet hat. Sie leiten in bestimmten Situationen sein Handeln. Insgesamt hat er eine wenig moderne pädagogische Haltung. Er denkt problemfokussiert und orientiert sich wenig an den Kompetenzen der Kinder. In der Situation ist er bereits wegen der Vorfälle am Vormittag angespannt. Er fühlt sich ohnmächtig in Bezug auf das Verhalten des Kindes.
Rechts oben (ich, außen): In erster Linie erleben wir das Verhalten einer Person und können dieses beschreiben. Wissen und Kompetenzen sind im längeren Miteinander erkennbar. Sichtbar ist hier die Aufforderung an andere Kinder, Gewalt anzuwenden nach dem Motto: wie du mir, so ich dir. Ebenso ist die fehlende Rückmeldung an die Kitaleitung und das zögerliche Zugeben des Vorfalls sichtbar. Beides lässt Rückschlüsse auf die fehlende Haltung und möglicherweise sogar wenig Reflexionsvermögen zu. Der Erzieher zeigt keine Fortbildungsbereitschaft. Daraus entsteht fehlendes aktuelles Fachwissen und Kompetenz beispielsweise im Umgang mit herausforderndem Verhalten von Kindern.
Rechts unten (wir, außen): Der Quadrant rechts unten bezieht sich auf Aspekte der Organisation, die wir beobachten können. In der Kita gibt es kein ausreichendes Fachpersonal sowohl beim pädagogischen Personal als auch auf der Leitungsebene. Es gibt keine Expertise im Umgang mit den Integrationskindern. Außerdem sind die Gruppenstrukturen ungünstig. Alle Integrationskinder sind in einer Gruppe konzentriert. Bei Vertretungssituationen scheint es keine klaren Abläufe zu geben. Es finden zu wenige Teamsitzungen statt.
Links unten (wir, innen): In diesem Quadranten findet sich alles, was jeder Mensch in der Organisation wahrnehmen, aber nicht sehen kann. Es gibt kein Teamgefühl, keine Kooperation untereinander. Jeder muss sich um sein eigenes Zeug kümmern. Das Verhalten der Leitung ist eher autoritär. Es gibt keine Kultur mit Erfahrungen umzugehen. Negative Vorfälle werden aus Angst vor den Konsequenzen verschwiegen.
Es wird sofort sichtbar, dass die Dinge miteinander zusammenhängen. Durch die autoritäre Führung des Teams gibt es wenig Auseinandersetzung mit Prozessen, die nicht gut laufen. Reflexionsfähigkeit wird nicht geübt, was dazu führt, dass Fachkräfte ihre Haltung nicht überprüfen. Da es kein Teamgefühl und keine Achtsamkeit füreinander im Team gibt, fühlen sich Fachkräfte allein gelassen und agieren eben so wie es ihnen in der jeweiligen Situation möglich ist. Auch die Kitaleitung steht unter Druck, muss sie doch alles alleine wuppen. So fällt es ihr schwer neben der Verwaltung der Kita auch noch pädagogisch ins Team zu wirken oder sich selbst zu entwickeln und ihre eigene Führungskultur zu hinterfragen. Die fehlende Aufarbeitung der Kindheitserfahrungen des Erziehers gepaart mit fehlender Fortbildungs- und Reflexionsbereitschaft führt zu übergriffigem Verhalten seitens des Erziehers. Die geringe Kooperationsbereitschaft und insgesamt eher Fokussierung auf Probleme und nicht auf Lösungen führt dazu, dass keine Lösungen im Team gefunden werden, mit dem Verhalten des Kindes umzugehen oder auch die Gruppe zu entlasten. Auch gibt es keine Rückmeldung an den Kollegen zu seinem Verhalten.
Es gäbe hier noch einiges zu sagen und insgesamt ist das Beispiel konstruiert und ich habe nicht alle Aspekte, die sonst noch denkbar wären, betrachtet. Klar wird jedoch, dass es neben den arbeitsrechtlichen Konsequenzen für den Erzieher ein vieles Mehr an Maßnahmen braucht - in Bezug auf den Erzieher selbst, auf das Team, die Kitaleitung, den Träger.
Erzieher: Fortbildung zur pädagogischen Haltung und Reflexionsfähigkeit, Aufarbeitung der eigenen Gewalterfahrungen
Team: Teamentwicklungsmaßnahmen, regelmäßige Teamsitzungen, Erarbeitung einer Achtsamkeitskultur im Team, ggf. Supervision oder Coaching
Kitaleitung: Fortbildung zur Führungsqualität, Coaching und Begleitung von Prozessen (bspw. Erarbeiten eines Schutzkonzepts), Schaffen einer Erfahrungskultur im Team, eigenes Coaching oder Supervision zur Entlastung, Hinterfragen der Gruppenstrukturen im Haus, ggf. Entlastung der Gruppe (mehr und qualifiziertes Personal und/oder Wechsel von Kindern in andere Gruppen)
Träger: Ausstattung mit Personal, vor allem Fachpersonal für Integration, Bereitstellen von Mitteln für Coaching/Supervision, Unterstützung der Leitungskraft
Auch das sind nur einige mögliche Maßnahmen. In der Realität sind die Themen noch vielschichtiger und komplexer. Mit dem Quadrantenmodell kann Licht in die Komplexität gebracht werden. Probleme werden sichtbarer und Vernetzungen deutlich.
Zum Weiterlesen:
Kuhlmann, H./Horn, S. (2020): Integrale Führung. Wie Sie mit neuen Ansätzen sich selbst, Teams und Unternehmen entwickeln. 2. Auflage. Springer Gabler
Enzler, Stefan/Luger, Monika (Hrrsg.) (2021). Logbuch. Wandel in deiner Organisation integral gestalten. imu Augsburg GmbH & Co. KG
https://mittwochs.online/ein-logbuch-fuer-integrales-arbeiten/, letzter Zugriff 02.05.2021, 9:50 Uhr
Rechts oben (ich, außen): In erster Linie erleben wir das Verhalten einer Person und können dieses beschreiben. Wissen und Kompetenzen sind im längeren Miteinander erkennbar. Sichtbar ist hier die Aufforderung an andere Kinder, Gewalt anzuwenden nach dem Motto: wie du mir, so ich dir. Ebenso ist die fehlende Rückmeldung an die Kitaleitung und das zögerliche Zugeben des Vorfalls sichtbar. Beides lässt Rückschlüsse auf die fehlende Haltung und möglicherweise sogar wenig Reflexionsvermögen zu. Der Erzieher zeigt keine Fortbildungsbereitschaft. Daraus entsteht fehlendes aktuelles Fachwissen und Kompetenz beispielsweise im Umgang mit herausforderndem Verhalten von Kindern.
Rechts unten (wir, außen): Der Quadrant rechts unten bezieht sich auf Aspekte der Organisation, die wir beobachten können. In der Kita gibt es kein ausreichendes Fachpersonal sowohl beim pädagogischen Personal als auch auf der Leitungsebene. Es gibt keine Expertise im Umgang mit den Integrationskindern. Außerdem sind die Gruppenstrukturen ungünstig. Alle Integrationskinder sind in einer Gruppe konzentriert. Bei Vertretungssituationen scheint es keine klaren Abläufe zu geben. Es finden zu wenige Teamsitzungen statt.
Links unten (wir, innen): In diesem Quadranten findet sich alles, was jeder Mensch in der Organisation wahrnehmen, aber nicht sehen kann. Es gibt kein Teamgefühl, keine Kooperation untereinander. Jeder muss sich um sein eigenes Zeug kümmern. Das Verhalten der Leitung ist eher autoritär. Es gibt keine Kultur mit Erfahrungen umzugehen. Negative Vorfälle werden aus Angst vor den Konsequenzen verschwiegen.
Es wird sofort sichtbar, dass die Dinge miteinander zusammenhängen. Durch die autoritäre Führung des Teams gibt es wenig Auseinandersetzung mit Prozessen, die nicht gut laufen. Reflexionsfähigkeit wird nicht geübt, was dazu führt, dass Fachkräfte ihre Haltung nicht überprüfen. Da es kein Teamgefühl und keine Achtsamkeit füreinander im Team gibt, fühlen sich Fachkräfte allein gelassen und agieren eben so wie es ihnen in der jeweiligen Situation möglich ist. Auch die Kitaleitung steht unter Druck, muss sie doch alles alleine wuppen. So fällt es ihr schwer neben der Verwaltung der Kita auch noch pädagogisch ins Team zu wirken oder sich selbst zu entwickeln und ihre eigene Führungskultur zu hinterfragen. Die fehlende Aufarbeitung der Kindheitserfahrungen des Erziehers gepaart mit fehlender Fortbildungs- und Reflexionsbereitschaft führt zu übergriffigem Verhalten seitens des Erziehers. Die geringe Kooperationsbereitschaft und insgesamt eher Fokussierung auf Probleme und nicht auf Lösungen führt dazu, dass keine Lösungen im Team gefunden werden, mit dem Verhalten des Kindes umzugehen oder auch die Gruppe zu entlasten. Auch gibt es keine Rückmeldung an den Kollegen zu seinem Verhalten.
Es gäbe hier noch einiges zu sagen und insgesamt ist das Beispiel konstruiert und ich habe nicht alle Aspekte, die sonst noch denkbar wären, betrachtet. Klar wird jedoch, dass es neben den arbeitsrechtlichen Konsequenzen für den Erzieher ein vieles Mehr an Maßnahmen braucht - in Bezug auf den Erzieher selbst, auf das Team, die Kitaleitung, den Träger.
Erzieher: Fortbildung zur pädagogischen Haltung und Reflexionsfähigkeit, Aufarbeitung der eigenen Gewalterfahrungen
Team: Teamentwicklungsmaßnahmen, regelmäßige Teamsitzungen, Erarbeitung einer Achtsamkeitskultur im Team, ggf. Supervision oder Coaching
Kitaleitung: Fortbildung zur Führungsqualität, Coaching und Begleitung von Prozessen (bspw. Erarbeiten eines Schutzkonzepts), Schaffen einer Erfahrungskultur im Team, eigenes Coaching oder Supervision zur Entlastung, Hinterfragen der Gruppenstrukturen im Haus, ggf. Entlastung der Gruppe (mehr und qualifiziertes Personal und/oder Wechsel von Kindern in andere Gruppen)
Träger: Ausstattung mit Personal, vor allem Fachpersonal für Integration, Bereitstellen von Mitteln für Coaching/Supervision, Unterstützung der Leitungskraft
Auch das sind nur einige mögliche Maßnahmen. In der Realität sind die Themen noch vielschichtiger und komplexer. Mit dem Quadrantenmodell kann Licht in die Komplexität gebracht werden. Probleme werden sichtbarer und Vernetzungen deutlich.
Zum Weiterlesen:
Kuhlmann, H./Horn, S. (2020): Integrale Führung. Wie Sie mit neuen Ansätzen sich selbst, Teams und Unternehmen entwickeln. 2. Auflage. Springer Gabler
Enzler, Stefan/Luger, Monika (Hrrsg.) (2021). Logbuch. Wandel in deiner Organisation integral gestalten. imu Augsburg GmbH & Co. KG
https://mittwochs.online/ein-logbuch-fuer-integrales-arbeiten/, letzter Zugriff 02.05.2021, 9:50 Uhr