Später als Leitungskraft zuerst in einer Kita und dann auf Trägerebene habe ich begriffen, dass das auch auf das Führen von Menschen zutrifft. Egal wie autoritär geführt wird, glücklicherweise endet die Macht, die über Menschen ausgeübt werden kann, an irgendeiner Stelle.
Als ich das Buch „Reinventing Organizations“ von Frederic Laloux das erste Mal gelesen habe, konnte ich meine Gedanken und Ideen besser einordnen. Ich war sofort Feuer und Flamme für die Idee einer selbstgeführten Organisation. Im letzten Jahr bin ich in einem Seminar mit dem Titel „Integrale Organisationsentwicklung mit Kopf, Herz und Hand“ mit der großartigen Dozentin Caroline Winning (https://www.carolinewinning.com/) mit der integralen Organisationsentwicklung bekannt geworden. Ich war so inspiriert, wie schon sehr lange nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir in der Kita schon ein halbes Jahr Versuch hinter uns, die Verantwortungsbereiche breiter zu streuen und Entscheidungsprozesse weg von alleiniger Leitungsentscheidung hin zu gemeinschaftlicher Entscheidung zu entwickeln.
Im Mai 2020 haben wir in der Kita eine Steuerrunde ins Leben gerufen. Die Idee solch einer Runde hatte ich schon Ende 2019 ins Team gebracht, jedoch keinerlei Resonanz dazu erhalten. Im Mai 2020, nach zwei Monaten Lockdown und mit der Öffnung der Kitas vor unseren augen, bot sich die Gelegenheit, eine Runde einzuberufen, Meine Kollegin uns ich luden aus jeder Abteilung eine Kollegin ein, an der Steuerrunde teilzunehmen. Wir sichteten gemeinsam alle Schreiben zum Thema Wiedereröffnung der Kita, suchten die relevanten Punkte raus und erarbeiteten einen Konzeptentwurf. Diesen stellten wir gemeinsam im Team vor. In einem zweiten Schritt diskutierten wir mit allen den Entwurf, entschieden uns für eine Vorgehensweise und klärten Details. Unser Modell hatte eine hohe Akzeptanz im Team. Von da an behielten wir die Steuerrunde bei. Wir treffen uns einmal in der Woche, besprechen organisatorische Fragen und konzeptionelle Entwicklungen.
In meinem Seminar diese Woche traf ich auf Menschen, die sich ebenfalls mit diesen Themen auseinandersetzen und in ihren Einrichtungen ausprobieren. Lars Ihlenfeld und Carola Giese-Brandt, die in einer Hamburger Kita New-Work-Methoden ausprobieren, stellten ihre Arbeit vor. Interessanterweise arbeiten sie nach einem ähnlichen Konzept, wie wir. In solchen Momenten fühle ich mich bestärkt, diesen Weg weiterzugehen.
Für mich stellt sich immer wieder die Frage, wie es uns gelingen kann, mehr kollegiale Führung und Selbstorganisation zu installieren, obwohl wir in einer recht steilen Hierarchie eingebettet sind. Das ist eine große Herausforderung. Immer wieder gibt es Vorgaben von oben, auf die wir wenig Einfluss haben und die wir umsetzen müssen. Die Stelle, an der die Entscheidungen der Kolleg*innen einbezogen werden kann, ist die der Umsetzung. Wie soll es gehen? Wo gibt es freie Entscheidungs- und wo Spielräume? Wie können und wollen wir diese nutzen?
Derzeit bearbeite ich das Logbuch "Wandel in deiner Organisation integral gestalten vom imu (https://i-m-u.de/). Das ist ein großartiges Arbeitsmittel, um für sich selbst Klarheit zu gewinnen und mit dem Team in die Arbeit zu gehen und zu reflektieren.
Leseempfehlungen:
Enzler, Stefan/Luger, Monika (Hrrsg.) (2021). Logbuch. Wandel in deiner Organisation integral gestalten. imu Augsburg GmbH & Co. KG
Fischermann, Thomas. Sandkasten mit Leadership. Zeit 13/2021, 25.03.2021